Kapelle Maria Hilf - Osterwaal
Aus: Hallertauer Zeitung vom 01. Mai 2012
Ein Ort für innere Einkehr und Glauben
Das Kirchlein „Maria Hilf“ ist im Mai wieder Ziel zahlreicher Gläubiger
Von Michael Betz
Osterwaal/Au. Wer sich an diesem Ort Maria nahe fühlen will, muss die Zivilisation hinter sich lassen: Ein langgezogener Waldweg führt zwischen Osterwaal und Rudertshausen zur kleinen Wallfahrtskirche „Maria Hilf“; hier fallen die Hektik und die Last des Alltages ab, während von Weitem schon die Mauern der Kirche durch die Bäume leuchten. Vor allem im Mai ist die Kapelle mit dem charakteristischen einzeln stehenden Glockenturm ein vielbesuchtes Ziel für Bittgänge und Maiandachen, Zeugnis der weitverbreiteten Verehrung für Maria, die Schutzpatronin Bayerns.
Dass Maiandachten fester Bestandteil des katholischen Brauchtums und Kirchenlebens in Bayern sind, dürfte weithin unbestritten sein. Gleichzeitig wird wohl den wenigsten Teilnehmern einer solchen Andacht bewusst sein, dass diese Tradition vergleichsweise jung ist: Erst am 1. Mai 1841 feierten nämlich drei Ordensfrauen des Ordens der „Schwestern vom Guten Hirten“ im Konvent Haidhausen bei München die erste Maiandacht auf deutschem Boden, also gerade einmal vor 171 Jahren. Seinen Ursprung hat dieses Brauchtum in Italien, wo es Zeugnisse von Maiandachten bereits seit der Barockzeit gibt.Der Mai hängt in seiner Symbolik als Marienmonat eng mit der Natur zusammen: Hier verbindet sich die Symbolik von Maria, die als „erste und schönste Blüte der Erlösung“ gilt und deshalb bildlich mit der Rose assoziiert wird, mit dem Erblühen in Feld und Flur. Diese symbolische Darstellung von Maria als Rose wird zum Beispiel auch an der Bezeichnung „Rosenkranz“ für die Kette und das entsprechende Gebet deutlich. Mariengebete stehen auch wieder bei den heute beginnenden Maiandachten an der „Maria-Hilf”-Kirche in Osterwaal im Mittelpunkt. An allen Sonn- und Feiertagen finden im Mai diese Andachten statt, die erste von ihnen heute um 14 Uhr. Voraus geht ein Bittgang von Osterwaal aus, der Abmarsch dafür ist um 13.30 Uhr an der Kirche.Auch die Gläubigen werden an diesem Tag also den Weg über die Fluren und durch den Wald zur kleinen Kapelle nehmen, den schon viele vor ihnen gegangenen sind – davon zeugen die vielen Votivbilder und -kerzen im Kirchenraum. „Maria hat geholfen“ heißt es darauf immer wieder in Dankbarkeit von Menschen, der Gebetsanliegen erhört wurden. Dieses Vertrauen auf die Fürsprache der Gottesmutter gibt der stillen Kapelle eine ganz besondere Kraft, macht sie zum einem Ort für stille Einkehr und ein gläubiges Gebet.Auch wenn die Stille bei einer Maiandacht nicht im Vordergrund steht, ist die Kapelle der ideale Ort für eine Marienverehrung, die in Bayern traditionsreich ist. So ist auch der Feiertag am 1. Mai eng mit dem hiesigen Katholizismus verbunden: Allgemein steht zwar an diesem Tag natürlich der bundesweit einheitliche Gedanke des politisch ausgerichteten „Tags der Arbeit“ im Vordergrund, allerdings kommt in Bayern noch ein weiterer Aspekt aus schwerer Zeit hinzu: Während des Ersten Weltkriegs wandte sich der damalige bayerische König Ludwig III. an Papst Benedikt XV. mit der Bitte, Maria offiziell zur Schutzpatronin Bayerns zu erklären und ein bayerisches Marienfest zuzulassen. Dieses ursprünglich auf den 14. Mai gelegte Fest wird seit einer Termin-Änderung im Jahr 1970 immer am 1. Mai gefeiert und macht den Tag in Bayern sowohl zu einem staatlichen als auch zu einem kirchlichen Feiertag.Das kleine Kirchlein zwischen Rudertshausen und Osterwaal zieht aber nicht nur während des „Marienmonats“ die Gläubigen an, obwohl natürlich im Mai besonders viele von ihnen „Maria Hilf“ besuchen. Im Juni findet alljährlich die vom Osterwaaler Pfarrgemeinderat organisierte „Hallertauer Wallfahrt” statt, heuer werden sich am 9. Juni die Gläubigen dabei auf den abendlichen Weg nach „Maria Hilf“ begeben. Auch das ist eine Tradition, die weiterhin große Resonanz findet bei den Bürgern: 2010 waren es beispielsweise rund 1500 Teilnehmer bei dieser Wallfahrt.Der Bau der Kapelle „Maria Hilf“ geht auf ein Ereignis im Jahr 1811 zurück, eine kleine Tafel neben der Kirche berichtet darüber: Ein Paar aus der Pfarrei Osterwaal hatte demnach einen Sohn. Als Mutter und Kleinkind schwer erkrankten und alle Hoffnung schon vergeblich schien, gelobte der Ehemann vor einer Reise, an einer Buche am Rand des Weges ein Marienbild errichten zu lassen, wenn er seine Familie noch lebend wiedersieht. Die Heilung geschah und das Marienbild an der Buche zog schnell die Gläubigen an. 1875 wurde eine erste einfache Kapelle errichtet, 1896 wurde das Kirchlein mit einem schmiedeeisernen Zaun eingefasst. 1903 erfuhr die Kapelle eine Vergrößerung um die Hälfte durch den Auer Maurermeister Maier. Der jüngste Gebäudeteil ist der freistehende Glockenturm: Er entstand 2002 als Ersatz für ein hölzernes Gerüst, in dem die beiden kleinen Glocken der Kapelle hingen. Anlässlich dieses Neubaues wurde auch eine weitere Glocke gespendet. Die Buche hat die Zeiten jedoch nicht überdauert: 1962 wurde sie vom Blitz getroffen und weitgehend zerstört, nur noch ein Rest des Stammes liegt heute als Zeugnis aller Vergänglichkeit hinter der Kapelle „Maria Hilf“.